07 Brüner Ehrenmal

Zur Geschichte der Brüner Denk- und Ehrenmale zitieren wir aus den Büchern „Tragt die Namen in das Buch des Lebens ein“ von Erwin Holsteg und „Brünen – Das Jahrhundertbuch“ Band 1 von Wilhelm Elmer.

Es beginnt in der Zeit als Bartholomäus von de Wall, Rittergutsbesitzer des adeligen Gutes Venninghausen in Brünen (1785 – 1878), Gemeindevorsteher in Brünen von 1814-1878 war. Er hat sich in dieser Zeit um die Entwicklung von Brünen große Verdienste erworben.

Brüner Ehrenmal vor der Kirche 1877

So hat nach den preußischen Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 der in Brünen konstituierte Kriegerverein bei der Gemeinde Brünen ein geeignetes Grundstück zur Errichtung eines Ehrenmals für die in diesen Kriegen gefallenen Brüner Soldaten beantragt. Auf Vorschlag des Gemeindevorstehers von de Wall wurde mit den Gemeindeverordneten (Ratsmitglieder) einstimmig beschlossen, das Gemeindegrundstück vor der Kirche hierfür zur Verfügung zu stellen. Am 08. Juni 1877 wurde das Ehrenmal mit der Statue der Germania eingeweiht.

Der ehemalige Bürgermeister Erwin Holsteg konnte nachstehende Angaben zur Gestaltung des Kriegerdenkmals vor der Kirche und dessen Entfernung dokumentieren:

Krieger-Denkmal in Brünen von 1877

Es starben den Heldentod mit Gott für den König und das Vaterland:

1866:
B. Pass, gefallen den 3. Juli 1866 bei Königgrätz
B. Fuhrmann, gefallen den 25. Juli 1866 bei Helmstedt

1870/71:
J. Brinkmann, gefallen 18. Aug. 1871 bei Gravelotte
J. Westerhaus, starb den 25. August 1871 bei Mars la Tour
B. Hüsken, gefallen 28. Nov. 1870 bei Beaune la Rolande
J. Fenneken, starb den 28. Sept. 1870 im Lazarett zu Solingen
G. Buchmann, starb den 18. Oktober 1870 zu Kassel
H. Buschmann, starb den 11. März 1871 im Lazarett zu Koblenz

1866–1870/71
Gott dem mächtigen Helfer zum Preise.
Den für das Vaterland Gestorbenen zum Gedächtnis.
Den kommenden Geschlechtern zum Zeugnis.
Off. Joh. 2, 10
Sei getreu bis in den Tod, so will ich Dir die Krone des Lebens geben.

Es waren vier Marmortafeln. Auf zwei Tafeln standen die Namen, auf einer Tafel der wörtlich abgeschriebene Sinnspruch und auf der vierten Tafel der Bibeltext. Das Kriegerdenkmal vor der Kirche war oben mit einer „Germania“ samt Schild und Schwert ausgestattet. Die umseitig beschrifteten Marmortafeln befanden sich, auf jeder der vier Seiten jeweils eine Tafel, unterhalb der Germania. Im breiteren Sockel waren Kriegsdarstellungen bildhauerisch dargestellt: ein zerschossenes Geschütz (zur Straßenseite), ein sterbender Soldat empfängt vom Friedensengel den Lorbeerkranz.

Das 1877 vor der Kirche errichtete Ehrenmal mit der Germania war durch die Kampfhandlungen der Kriegstage im März 1945 mehrfach von Artilleriegranaten und Jagdbomberangriffen getroffen und stark beschädigt worden. Im Jahre 1952 wurde im Brüner Gemeinderat eine Instandsetzung beraten. Mit der Kirchengemeinde kam man zu folgendem Ergebnis: Pfarrer Hermann Müschenborn besuchte die betroffenen Nachfolgefamilien und unterbreitete das Beratungsergebnis dem Gemeinderat und dem Presbyterium: Die vier Ehrentafeln sollten sorgfältig ausgebaut und am Kriegerehrenmal auf dem alten Sportplatz neben den Gefallenentafeln des 1. Weltkriegs angebracht werden. Alle betroffenen Nachfolgefamilien waren ohne Widerspruch mit dieser Regelung einverstanden.

Die unbeschädigt gebliebenen Marmorehrentafeln wurden ausgebaut und sodann neben den Gefallenenehrentafeln 1914/18 auf dem Ehrenmal am Pastorsberg angebracht. Das Ehrenmal mit der Germania wurde 1954 von der Gemeinde Brünen abgeräumt.

Die Gedenktafeln zu Ehren der Gefallenen in der Brüner Dorfkirche von 1922

In der Inflationszeit 1922/23 beschloss die Kirchenleitung der Kirchengemeinde Brünen (Pfarrer Funccius, Kirchmeister Johann Schnelling und das damalige Presbyterium) zu Ehren der in den Kriegen 1864 (gegen Dänemark), 1866 (Bruderkrieg gegen Österreich) und 1870/71 (gegen Frankreich) sowie der von 1914 bis 1918 im Ersten Weltkrieg Gefallenen Gedenktafeln anfertigen und dieselben im Chor der Kirche anbringen zu lassen.

Chorraum der Brüner Kirche mit den Gedenktafeln in den 1950er Jahren

Die Entwürfe wurden von einem Architekten aus Wuppertal angefertigt, mit der Herstellung der Tafeln wurde die Schreinerei Hardacker/Steinkamp beauftragt. Kostbare Schnitzarbeiten verliehen den Tafeln eine besondere Note. Dieselben wurden von einem österreichischen Bildhauer namens Müch gefertigt, der in Wesel wohnte, in der Klavierfabrik Adam tätig war und später in seine Heimat zurückging.

Das Eichenmaterial kam aus einem Einschlag im Dämmerwald. Die Rahmen der Tafeln, einschließlich der Schnitzarbeiten, sind massiv gearbeitet, die Mittelfelder furniert. Die Fertigung der Tafeln beanspruchte etwa 1 Jahr. Pfarrer Funccius informierte sich wöchentlich über den Fortgang der Arbeiten, er brachte jeweils eine Handvoll Geld mit. Diese Geste war typisch für die Zeit der Inflation. Die Gemeindemitglieder wurden im Gottesdienst gebeten, die Namen der Gefallenen mitzuteilen. Etliche Namensfelder blieben für etwaige Nachmeldungen frei.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, zwischen 1950 und 1960, wurden die Tafeln auf Anordnung von Frau Dr. Cornelius, Kirchenbaurätin beim Landesamt für Denkmalspflege in Düsseldorf, nach anfänglichen Vorhaben, die Tafeln ganz zu entfernen, auf ein schlichteres Maß verändert und die Schnitzarbeiten entfernt. Die Umrahmung des „Blauen Steins“ wurde ebenfalls entfernt. Die erste Tafel auf der linken Wandseite mit den Namen der Gefallenen von 1864, 1866 und 1870/71 wurde entfernt, um die Freske, die aus der Zeit stammt, in der die Kirche zur katholischen Glaubensgemeinschaft gehörte, freizulegen oder zumindest sichtbar zu machen, obwohl diese Tafel bei der Fertigung so gearbeitet war, dass das Mittelfeld (mit den eingeschnitzten Namen) aufklappbar war, um die Freske sehen zu können.

Das Ehrenmal am Pastorsberg von 1928

1927 hat der Gemeinderat die Errichtung eines Kriegerehrenmals für die gefallenen Brüner Soldaten beschlossen. Ein Sach- und Preisgremium (Vertreter der Kirchengemeinden, Gemeinderat und Brüner Vereine) hatte über einen ausgeschriebenen Ideenwettbewerb dem Bildhauer Jupp Brüx aus Kleve den Zuschlag erteilt. Als Finanzierungsgrundlage hatte der Gemeindevorsteher Emil Hecheltjen eine zweijährige Jagdpachtverzichtserklärung aller Grundeigentümer vorgeschlagen und fand volle Zustimmung.

Brüner Ehrenmal am Pastorsberg von 1928

Erstellungsort wurde der Sportplatz auf dem Pastorsberg. Das Grundstück wurde über den Hand- und Spanndienst in Ordnung gebracht. Am 25. November 1928 war die Einweihungsfeier.

Die Liste zur Einweihungsfeier des Ehrendenkmals für die Kriegsgefallenen der Gemeinde Brünen am Totensonntag, den 25. November 1928 erfasst insgesamt 78 Gefallene und Verstorbene, auch des Ortsteiles Marienthal, jedoch nicht die der Ortsteile Dämmerwald und Weselerwald, die durch ihre kommunale Selbständigkeit ein eigenes Kriegerdenkmal besitzen. Ebenso haben die gefallenen und verstorbenen Kriegsteilnehmer vom südlichen Randgebiet der evangelischen Kirchengemeinde Brünen, u.a. Schwarze Heide, Gut Esselt und Lackhausener Bruch, in ihren kommunalen Gemeinden eine würdige Gedenkstätte erhalten.

Der Künstler Jupp Brüx

Die Geschichte des Brüner Ehrenmals ist mit dem Namen des Künstlers Brüx aus Kleve verbunden. Die Recherche ergab, dass die Brüner seinerzeit aus 8 eingereichten Entwürfen einem populären Künstler, der sich über Kleve hinaus einen Namen machte, den Zuschlag gaben.

Jupp Brüx (*23.09.1889 in Kleve) entstammt einer Klever Schuhmacher-Familie. Inspiriert von seinem fast 15 Jahre älteren Bruder Gerd, der schon auf dem Weg zu einem angesehenen Künstler war, entstehen erste bildhauerische Arbeiten. Von 1911- 1913 besucht Jupp Brüx die Akademie der bildenden Künste in Dresden und findet dort in dem bekannten Plastiker Georg Wrba einen kompetenten Lehrer. Anschließend ergänzt er seine Ausbildung für einige Monate in München bei dem nicht minder bekannten Architekten Wilhelm Kreis.

Jupp Brüx – Selbstbildnis von 1944

Den 1. Weltkrieg verbringt Brüx auf der Krim, wo er sich Malaria zuzieht. Seine frühen Künstlerjahre werden stark durch die Kriegsgeschehnisse sowie vom allgemein ausgeprägten Wunsch, der Gefallenen des Krieges würdig zu gedenken, beeinflusst. Er distanziert sich jedoch von dem bis dato üblichen pompösen Habitus, die gefallenen Krieger zu heroischen Helden zu stilisieren. Er räumt auf mit dem gloriosen „Walhalla-Stil“ – der allüberspannenden Kuppel auf Säulen. Seine Neigung zu Jugendstil und Art Deco haben hier ihren Ursprung. Beim Brüner Denkmal sind die Ornamentik der Ziegelsteine (versetzte Horizontalgesimse, Dreiecksformen) sowie 2 steinerne Medaillons mit Soldatenköpfen, die sich auf der Rückseite befinden, wesentliche Merkmale. Die Soldatenköpfe wurden von Jupp Brüx 1922 entworfen und man findet sie außer in Brünen auch an Ehrenmalen auf dem Friedhof in Süchteln, am Klever Schützenhaus sowie am Kriegerdenkmal auf dem Gelände der LVR-Kliniken Bedburg-Hau. Letzteres wurde 1929 eingeweiht und weist, was die Ornamentik der Ziegelsteine angeht, viele Gemeinsamkeiten mit dem Brüner Neben seinen bildhauerischen Arbeiten, die sich auch in unzähligen Grabmalen und Altären wiederfinden, zeugen seine Arbeiten als Bildschnitzer, Zeichner und Maler von seinem vielseitigen Schaffen. Brüx ist Gründungsmitglied im Niederrheinischen Künstlerbund. In den 30er Jahren und während des 2. Weltkrieges ist es für Brüx schwer an Auftragsarbeiten zu gelangen. Jupp Brüx entspricht nicht den arischen Vorstellungen: er hat in seiner Familie mütterlicherseits jüdische Vorfahren. Mehrmals muss er Wohnung und Atelier in Kleve wechseln. Immer wieder aber gelingt es ihm und seiner Frau, sie führt das Kunsthaus Brüx in Kleve, die Familie mit der Kunst zu ernähren. Jupp Brüx stirbt am 26.04.1944 in Kleve- wahrscheinlich an den Folgen der kriegsbedingten Malaria.

Die Soldatenköpfe am Ehrenmal von J. Brüx

Das Ehrenmal am Pastorsberg ab 1951

An dem im zweiten Weltkrieg stark beschädigten Ehrenmal am Pastorsberg haben 1951 die Brüner Vereine die Schäden beseitigt und eine Umgestaltung vorgenommen. In Natursteinplatten wurden die Namen der gefallenen und vermissten Soldaten sowie der umgekommenen Bürger und Kinder eingraviert. An den 4 Seiten des Ehrenmals wurden diese Namensplatten eingelassen. Im zweiten Weltkrieg 1939/45 starben 149 Brüner Soldaten und 24 Männer, Frauen und Kinder durch Kampfhandlungen oder unmittelbare Kriegsfolgen.

Bei der Umgestaltung wurde der ursprünglich rechts gelegene Zugang auf das altarähnlich gestaltete Plateau durch eine Freitreppe ersetzt. Die an dieser Stelle auf alten Fotos zu erkennende Skulptur auf einem Blocksockel, stellt wahrscheinlich eine Feuerschale mit Flammen dar. Über den Verbleib ist nichts bekannt. Da alle vier Seiten des Denkmals für die Anbringung der Natursteintafeln benötigt wurden, entfernte man auch zwei Löwen-Skulpturen aus Sandstein, die ehemals die Vorderseite schmückten. Sie befinden sich auch heute noch im Inneren des Denkmals.

Einer der Löwen von J. Brüx im Keller des Ehrenmals, bis 1951 an der Frontseite

Das Denkmal steht in der Liste der Baudenkmäler der Stadt Hamminkeln, weil diese einmalige opulente Anlage im Bereich der Stadt Hamminkeln für volkskundliche, historische, kunsthistorische sowie architekturgeschichtliche Forschung und Lehre als äußerst wertvoll und unverzichtbar bezeichnet wird.

Brüner Ehrenmal nach der Umgestaltung 1951

Bis heute werden in einer Feierstunde jährlich am Volkstrauertag an diesem Ort nach einem Gedenkgottesdienst der Opfer von Krieg, Terror und Gewalt gedacht.

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