Aus dem Buch „Brünen – Das Jahrhundertbuch“ Band 1 von Wilhelm Elmer.
Aus dem Kapitel „Brünen, die Mühlenlandschaft im 19. Und 20. Jahrhundert“ zitieren wir in Ausschnitten.
…Zunächst war die Entwicklung der Mühlentechnik von der Nutzung natürlicher Energien (Wind und Wasser), danach von der Verwendung fortschrittlicher Antriebsformen wie Dampfkraft und Elektrizität abhängig. Erstaunlicherweise spielten Umweltprobleme schon frühzeitig eine große Rolle. So ging beispielsweise die Genehmigung einer Wind- oder Dampfmühle hinsichtlich der Einhaltung eines Mindestabstandes mit einer Zustimmung der Nachbarn einher.
Im 20. Jahrhundert waren auf dem Gebiet der Kirchen- und Schulgemeinde Brünen noch acht Mühlen registriert. Bevor die Mühle von Friedrich Wink auf dem von de Wallsberg, auch „Venninghauser Mühle“ genannt, im Jahre 1859 durch einen Brand zerstört wurde, zählte man gar neun Mühlen. Fünf davon machten sich die Windkraft zunutze, drei bedienten sich der Wasserenergie, während eine Mühle (Hopermann-Elmer) nur auf die Dampfkraft setzte. Vernünftigerweise wurde im Jahre 1864 die Errichtung einer weiteren Mühle nach den Bauplänen des Müllermeisters August Fülling aus Heiden in der Unterbauerschaft untersagt und demzufolge keine Konzession erteilt.
Selbst unter der Berücksichtigung, dass das Brüner Gebiet überwiegend aus landwirtschaftlicher Nutzfläche bestand, stellt sich dem mit der Mühlenmaterie bestens vertrauten Verfasser (Wilhelm Elmer) die Frage, was sich die Müllersleute erhofft, wovon sie gelebt haben. Ein kleiner Nebenerwerb – vornehmlich in der Landwirtschaft – gehörte in der Regel zum Betrieb; dennoch konnte man eigentlich zu keiner Zeit von einem „goldenen Handwerk“ sprechen. Bei genauer Betrachtung der Mühlengeschichte kommt man zu der Feststellung, dass in der Frühzeit bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch den sogenannten Mühlenbann geordnetere Verhältnisse im Mühlenwesen vorhanden waren, als dies nach der Einführung der Gewerbefreiheit durch Napoleon mit der uneingeschränkten Nutzung des Eigentums der Fall war. Diese Gewerbefreiheit dürfte auch die Hauptursache für die Vielfalt der erteilten Konzessionen im Brüner Raum darstellen…
Die evangelische Kirche besitzt „wasserfeste“ Verträge über eine Wassermühle, die nicht mehr vorhanden ist.
Der alte Pastor Wilhelm von der Brüner Gemeindekirche (1358) war seiner Zeit über sechs Jahrhunderte voraus. Er stiftete von den Einkünften seiner zahlreichen Güter das Geld für den Neubau einer Mühle in seinem Pfarrbezirk, die auf dem Hofplatz der Kirche (*am Mühlenbach) errichtet wurde. Günter Heiligenpahl hat bereits vor 20 Jahren den interessanten Werdegang der Pastoratsmühle in verschiedenen Schriften veröffentlicht. Gehen wir diesen Ausführungen nach, müssen wir zunächst den Zweck der Stiftung festhalten.
Der münsterische Archidiakon Bruno von Bueren und der „Wahre Beisteuerer“ Swederus von Ringenberg sowie seine Schwester Kunigunde bekräftigten die Mühlenstiftung mit ihrem Siegel. Die Namen aller benachbarten Pfarrer, so Johannes aus Drevenack, Goswin aus Raesfeld, Hermann aus Schermbeck, aber auch der Bürgermeister von Bocholt, Henrik de Langenhove, und der Brüner Ritter Wilhelm Venink sind als Zeugen aufgeschrieben.
Bis zum Jahre 1484 ließen die Hamminkelner Bauern in Brünen und Dingden ihr Korn mahlen. Fast genau einhundert Jahre später (1585) wurde die alte Mühle von den Spaniern während der Gegenreformation vernichtet. Unter Leitung von Pastor Honselar wird etwa um 1600 eine neue Wassermühle erbaut.
Wie die Kirchenbücher ab 1634 beweisen, haben die Mühlenpächter laufend gewechselt. Ein Beweis dafür, dass die erhofften Erträge nur schwer zu erwirtschaften waren. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts war die Evangelische Kirchengemeinde Eigentümerin der Mühle, und die Brüner „Mahlgenossen“ mussten sich dem Mahlzwang unterwerfen. 1755 übernahm die Brüner Zivilgemeinde die Mühle der evangelischen Kirche und verpflichtete sich, für den Lebensunterhalt des Pfarrers zu sorgen. In der Folgezeit kam es immer wieder zu Gerichtsverfahren, weil die erhofften Gelder, nicht zuletzt wegen Aufwendungen für Reparaturen, ausblieben, so in den Jahren 1781 und 1821. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Mühle von dem Müller Friedrich Wink gekauft, der zeitgleich die Windmühle (heute Erdmann) in Besitz hatte. Auch er schien sich aber nicht mit dem Müllergruß „Glück zu“ anfreunden zu können und veräußerte die Mühle an die Familie Vohs, die auch 1895 die Windmühle übernahm.
Manch ein Brüner mag ins Grübeln kommen, welche Mühle denn den Lebensunterhalt des Pfarrers sichern sollte. Es war die Anfang des 20. Jahrhunderts endgültig stillgelegte und abgebrochene Pastoratsmühle am Mühlenbach, in der Nähe des Friedhofes. Im Rheinischen Kirchenarchiv Düsseldorf liegen dicke Akten aus dem Jahre 1940, in denen die damalige Gemeinde Brünen versuchte, aus den mehrere hundert Jahre alten Verträgen auszusteigen, was jedoch nicht gelang. Stattdessen heißt es in einem internen Vermerk der Gemeinde Hamminkeln vom 6. Dezember 1983 wörtlich:
„Betr.: Mühlenrecht der Evangelischen Kirche Brünen hier: Jährliche Zahlung von 427 DM der Gemeinde Hamminkeln an die Evangelische Kirche Brünen
Die Evangelische Kirche Brünen hat bis 1755 am Mühlenbusch unterhalb des Dorfes in der Nähe des heutigen Friedhofes eine Mühle betrieben. Die Einnahmen aus dem Betrieb dienten dem Lebensunterhalt des Pfarrers in Brünen. Durch den preußischen Staat hat das Gut Venninghausen um 1745 ein Mühlenrecht verliehen bekommen. Durch die Konkurrenzsituation gingen die Einnahmen der Mühle aber so stark zurück, dass der Lebensunterhalt des Pfarrers nicht mehr gesichert war.
Aus diesem Grunde hat die Zivilgemeinde Brünen die Mühle der Evangelischen Kirche 1755 übernommen und sich verpflichtet, für den Unterhalt des Pfarrers zu sorgen. Da vermutlich die Zivilgemeinde Brünen ihre eingegangenen Verpflichtungen gegenüber der Kirche nicht eingehalten hat, kam es 1781 zu einem Gerichtsverfahren, welches mit einem Vergleich endete. Die Zivilgemeinde Brünen musste für den Lebensunterhalt des Pfarrers jährlich 50 Taler zahlen. In der Folgezeit wurde dieser Vergleich wegen der geänderten Zeitverhältnisse von der Zivilgemeinde Brünen des öfteren angefochten, jedoch immer ohne Erfolg. Zuletzt durch die Währungsreform 1948 wurde der Jahresbetrag, der von der Zivilgemeinde Brünen zu zahlen ist, auf 427 DM festgesetzt.“
Dieser Betrag wird bis heute (**) von der jetzigen Stadt Hamminkeln überwiesen, bei der Evangelischen Kirche Brünen wird er folgerichtig in die Pfarrkasse gebucht. Späteren Geschichtsschreibern bleibt es vorbehalten, über diese vielleicht einmalige Stiftung der Pastoratsmühle zu berichten, die es seit fast 100 Jahren nicht mehr gibt.
Anmerkungen:
(*) Der Hofplatz der Kirche umfasste im 14. Jahrhundert eine deutlich größere Fläche als man heute kennt, bzw. darunter versteht. In der Karte vom Dorf Brünen von 1733 aus der preußischen Landvermessung kann man erkennen, dass der Hofplatz bis zur Wassermühle am Mühlenteich reichte.
(**) Dieser Beitrag wurde im Jahre 1999 zum letzten Mal überwiesen. Mit Zahlung von 5.000,- DM im Jahre 2000 entfiel diese Verpflichtung für die Zukunft
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