03 Haus der jüdischen Familien

Beitrag von Günter Heiligenpahl aus dem Buch „Juden in Wesel und am Niederrhein – Eine Spurensuche“  Herausgegeben von Jüdisch-Christlicher Freundeskreis Wesel e.V. –
ISBN 978-3-924380-91-5

Im Schlusswort zu seinem Beitrag schreibt Günter Heiligenpahl:

„Drei Familien begründeten jüdisches Leben in Brünen, die Familien Wertheim, Elkan und Plaat. 1855 leben 27 Juden in Brünen, 1875 waren es 22 jüdische Bewohner in dem mehrheitlich evangelisch geprägten Dorf. Sie arbeiteten als Handelsmann oder Kaufmann und waren am öffentlichen Leben beteiligt. Im Kriegerverein, im Schützenverein, im Gesangsverein und bei der Feuerwehr waren sie gemeinsam mit ihren christlichen Nachbarn aktiv. Sie bewohnten die Häuser Nr.  110 an der Bekenbrücke, heute nicht mehr vorhanden, und Nr. 119 1/am Kirchgebäude an der Weseler Straße. Zeitweise lebten Familienmitglieder auch zur Miete in „Schuster Ullands Haus“ hinter dem Chorraum der Dorfkirche und im Haus der Schmiedefamilie Muche/Pagel.

Dann lockten die wirtschaftlichen Möglichkeiten auch viele Juden in die Städte. Zur Jahrhundertwende waren nur noch Angehörige der Familie Wertheim-Humberg in Brünen, elf Personen werden 1900 gezählt. In der NS-Zeit wird das jüdische Leben in Brünen dann gänzlich erstickt. 1937 gibt es noch sieben Juden im Dorf. In den Vereinen und als Kaufleute braucht man sie nicht mehr. Von den meisten der ehemaligen Freunde und Nachbarn werden sie ausgegrenzt und verachtet, nur wenige helfen ihnen heimlich.

Einige Brüner Juden können im letzten Moment emigrieren oder fliehen, die Mehrheit wird ermordet. Herta und Ilse Wertheim, nach dem Tod des Vaters Moses 1935 mit Mutter Frieda nach Wesel gezogen, konnten 1939 nach England ausreisen. Frieda Wertheim selbst ist in Riga umgekommen. Ebenfalls in Riga ermordet wurden Selma Wertheim, die Witwe des 1938 verstorbenen Levi Wertheim, und ihre Söhne Walter und Paul. Die altersschwache Johanna Wertheim, genannt „Tante Hanneken“ wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und ist offiziell am 26.09.1942 in Treblinka umgekommen. Im KZ Theresienstadt kam die altersschwache Johanna Wertheim, genannt „Tante Hanneken“, ums Leben. Dramatisch verlief die Flucht von Ernst und Hilde Humberg mit der 1938 geborenen Tochter Ruth. Über Holland gelangte die Familie schließlich nach Kanada. Gerda Wolff, Tochter von Aron und Hulda Wertheim, ihr Mann Manfred und der Sohn Eddy überleben in Holland, ihr Sohn Thomas Alfred wird ermordet. Seit den 1940er Jahren gibt es keine Juden mehr in Brünen.“

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